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Produktionsinfos:

Eulen: Die Mitleidstour
Livehörspiel nach dem Roman von Carl Hiaasen (Übersetzung: Birgitt Kollmann)
blubb. Hörspiele, mit freundlicher Genehmigung des BELTZ Verlages
Genre: Komödie, Abenteuer, Kinder-/Jugendunterhaltung
Uraufführung: 12. April 2014 / Open-Air-Neuauflage: 10. September 2016
Script: blubb. Hörspiele
Sprecher: Tom Raczko, Katrin Berger, Sebastian Langer
Regie & Musik: Tom Raczko

Darum geht es:

„Hätte Dana Matherson ihn nicht mit der Nase gegen das Schulbusfenster gedrückt, hätte Roy nicht den barfüßigen Jungen wegrennen sehen. Oder das bissige Mädchen Beatrice kennen gelernt. Und in die Sache mit den Eulen wäre er erst Recht nicht verwickelt worden.

Drei Sprecher und 27 total verrückte Rollen.

Ein absurdes, exzentrisches Live-Hörspiel nach Carl Hiaasen, das so pädagogisch wertvoll ist wie ein halbverbrannter Keks mit Schokochips, der etwa so groß ist wie ein Hockeypuck und auch nicht viel besser schmeckt.“

Darstellungsform:

„Eulen“ ist Carl Hiaasens erster Roman für ein junges Publikum. Der US-amerikanische Journalist und Autor hat maßgeblich daran mitgewirkt, dass Krimis und Thriller, die in Florida spielen und mit teils skurrilen Charakteren aufwarten, in der jüngeren Vergangenheit populär geworden sind, da diese ebenso Hiaasens Markenzeichen sind, für die der gebürtige Floridianer mittlerweile steht und bekannt ist, wie seine Gratwanderung zwischen ernsten Themen – Stichwort: Umwelt – und bissiger und höchst amüsanter Satire. „Eulen“ bietet all das auch für ein jüngeres Publikum. „Auch“ bedeutet, dass aufgrund der schrägen Charaktere und Situationen, sowie der satirischen Elemente auch ältere Leser, respektive Hörer ihren Spaß an diesem Abenteuer finden.

Für die Umsetzung des Romans als Hörspiel wählt blubb. nicht das sterile Studio, sondern verlagert die gesamte Produktion ins Grün: Sprecher, Geräuschemacher, Mikrofone, Kamera, Instrumente. Ensembleaufnahmen UND gleichzeitige Geräuschuntermalung in „freier Wildbahn“ verleihen dem Umweltthema des Romans einen passenden Rahmen.

EULEN (blubb. Hörspiele) | Symbolfoto (Hörspiel ist kostenlos als Download verfügbar, sowie als Video via youTube)

Meine Meinung:

Die Geschichte

Hiaasens Erzählung richtet sich primär an ein jüngeres Publikum. Entsprechend bevölkern bekannte Vertreter des Genres die Geschichte: Der „Neue“ in der Schule, der sich direkt beim Schulschläger unbeliebt macht. Gestrenges Lehrpersonal, fiese Fieslinge, die teilweise nicht nur grenzdebiles „Personal“ beschäftigen, dazu teilweise sehr dämlich agierendes Polizeipersonal. Doch Hiaasen wäre nicht Hiaasen, nutzte er diese obligatorischen Figuren nicht, um sie in seiner ihm völlig eigenen Art und im positiven Sinne völlig zu überzeichnen. So mag man Figuren wie den tumben Schläger Dana Matherson oder den „alte Captain“ auf dem Polizeirevier bereits etliche Male in ähnlicher Form gelesen, gesehen und gehört haben, doch Hiaasen dreht den Irrsinn ungehemmt auf und so funktionieren selbst die – bewusst genutzten – inkarnierten Klischees auf erfrischende Weise. Zumal er mit seinen jugendlichen Protagonisten Roy, „Fischfinger“ und Beatrice drei Figuren erschafft, die eine Identifikation rasch ermöglichen und die dennoch über eine ordentliche Portion schrägen Verhaltens verfügen und somit nicht Gefahr laufen, zu Gary Stu und Mary Sue zu verkommen.

Auch die Geschichte an sich strotzt vor wortwörtlich wahnsinnigen Momenten. Ohne Spoiler: Alligatoren im Dixiklo oder dass sich ein tumber Sohn mit seiner noch tumberen Mutter um einen Entschuldigungsbrief kloppen, das dürfte einen Eindruck vermitteln, mit welchen Figuren man hier konfrontiert wird. Und es ist zwerchfellerschütternd!

Dabei steuert Hiaasen die Handlung trotz aller komischer und satirischer Momente zielgerichtet und von Anfang an mit Augenmerk auf funktionierende Dramaturgie. „Eulen“ ist eine äußerst amüsante, oft brüllend komische Geschichte, doch weit entfernt von hirnlosem Nonsense. Zudem wird den jungen Lesern (und Hörern) wirklich ganz nebenbei vermittelt, dass Konzerndenken nicht immer das Beste für Mensch und Natur im Sinn hat. Mit offenen Augen durch die Welt gehen, hinterfragen und notfalls auch mal das Richtige, statt das Einfache zu wählen, das sind Werte, die nicht unbedingt zu den schlechtesten gehören – und wenn es so nonchalant und geradezu liebenswürdig wie hier passiert, ist es umso besser. Gerade in der heutigen Zeit.

Die Umsetzung

blubb. haben den Hiaas’schen Wahnsinn in einer malerischen Kulisse als Livehörspiel in Szene gesetzt: Inmitten eines wildwuchernden Rasens, vor einem Teich und mit Bäumen in sommerlicher Atmosphäre spielen Tom Raczko, Katrin Berger und Sebastian Langer fast 2 ½ Stunden. Und zwar insgesamt 27 verschiedene Rollen! Dabei geben sich realistisch gesprochene Figuren und Chargen die Klinke in die Hand – teilweise sogar in „Selbstgesprächen“ – und es funktioniert. Die Inszenierung setzt die Komik der Erzählung konsequent um, mehr noch: Man löst sich teilweise sogar vom reinen Erzählen und bringt bewusst verpeilt wirkende Momente in das Spiel ein und holt damit Teile des fiktiven Irrsinns in die Realität, etwa beim Nichtbegreifen, dass die Erwähnung des Namens einer gewissen Lehrerin grundsätzlich mit einem klischeetriefenden „Orgel des Bösen“-Jingle begleitet wird.
Die drei Sprecher haben dabei nicht nur sichtlich viel Spaß an den schrägen Figuren, sondern wissen diese auch punktgenau zu verkörpern. Dass insbesondere Tom Raczko seine Berufung im Hörspiel- und Synchronbereich gefunden hat, verwundert nicht. Er stemmt mit weitem Abstand die meisten Rollen, hat ein unglaublich ästhetisches Sprachgefühl und wechselt problemlos in die unterschiedlichsten Figuren und Chargen.

Die Geräusch- und Musikuntermalung geschieht ebenfalls live. Entweder in Form von tatsächlich händisch gemachten Geräuschen (Schritte, Fahrradfahrten etc.), oder von Einspielungen (Regen & Co).

Bezüglich der Musik gibt es eine weitere Besonderheit: Wird Musik in Hörspielen gemeinhin als Begleitung oder bloße Untermalung genutzt, bekommt der Hörer hier neben dieser Untermalungsfunktion auch etliche kurze Songs geboten, die durchweg ganz, ganz böse Ohrwürmer sind und der jeweiligen Situationskomik oder schrägen Charaktermomenten eine musikalische Steigerung verpassen, die einmal mehr zeigt, dass das Hörspiel als Erzählmedium und Kunstform keine sklavische Abhandlung einer Vorlage sein muss, bzw. sollte, sondern als eigenständige Erzählform weit mehr zu bieten vermag.

Als Fazit bleibt für mich:

Knapp 2 ½ Stunden unglaublich schräge, unglaublich liebenswerte Unterhaltung, die primär für Kinder geschrieben sein mag, an der jedoch auch Erwachsene mit einer Vorliebe für irrsinnigen, überdrehten und teilweise anarchischen Humor ihre Freude haben werden. Ein Sammelsurium von 27 schrägen Figuren, das von drei starken Sprechern in einer idyllisch grünen Naturkulisse gespielt (*gespielt*) und durch Livegeräusche und Musik begleitet wird, die nicht nur als Untermalung dient, sondern auch für passende musikalische Intermezzi in Form kurzer Songs genutzt wird.

„Eulen“ gibt es als Liveversion von 2016, sowie in der Studiofassung von 2014. Empfehlen möchte ich die 2016er-Version. Nicht nur, weil die drei durch etliche Liveauftritte natürlich an/mit ihren Stimmen und dem Spiel arbeiten konnten, sondern vor allem durch die wunderbare Atmosphäre, die der „Ausflug ins Grüne“ mit sich bringt; ganz abgesehen davon, dass man „live“ sieht, wie in Zeiten, in denen bei Hörspielaufnahmen fast nur noch ge-x-t wird, Ensembleaufnahmen funktionieren können.

Zusatzmaterial:

Das gesamte Livehörspiel via youTube:
https://www.youtube.com/watch?v=bZ1yPJWkDRQ

Behind the scenes via youTube:
https://www.youtube.com/watch?v=n4WlIhBRJW4

 

 

 

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